Urmenschliches / Daumenlutscher.
Es steckt der Ursäugling den Daumen weit nach hinten bis zum Gaumen,
wenn die Mutter ihn vergisst. Weil er unersättlich ist,
in der Umwelt, in der rauen, will er mit den Zähnen kauen,
sobald es irgend möglich scheint. Die geplagte Mutter meint,
dass die ersten Zähne kommen und sie hat wohl angenommen,
dann sei mit dem Saugen Schluss, wenn sie ihn nicht mehr säugen muss.
Doch der Daumenlutscher saugt, solang er nicht zum Kauen taugt,
noch zu Lasten von der Mutter und hält noch nichts vom festen Futter,
das er nur sehr schwer verdaut. Die Mutter hat ihm vorgekaut
und der Schreihals schlürft nun Brei. Ansonsten ist er gut dabei.
Das Lutschen mag er nicht beenden. Den Daumen will er wohl verwenden,
gewisserweise als Ersatz, denn der Schnuller fehlt am Platz.
Die vorgekauten harten Knollen, die den Knirps ernähren sollen,
die will derselbe auch nicht immer, und infolge vom Gewimmer,
bei immer nur demselben Fraß, beständig und im Übermaß,
muss mancherlei von Kraut herbei, vorgekaut zum grünen Brei.
Und so ist der Spinat erfunden, für zunächst noch ein paar Stunden,
bis das Urkind, wenn es muckt, den Spinat dann von sich spuckt.
Mit noch nicht verwöhntem Gaumen lutscht das Kindchen an dem Daumen,
wie auch immer dieser schmeckt, wenn es mit der Zunge leckt.
Das Kleinkind kann es nicht vermeiden das Vorgekaute auszuscheiden
und Pampers gibt es längst noch keine. Gras und Blätter um die Beine
erfüllen notdürftig den Zweck, diesbezüglich an dem Fleck,
wo der Daumenlutscher weilt und sich nur Not beschäftig eilt,
tagtäglich in dem Bestreben dem steten Drangsal nachzugeben.
Der Daumenlutscher ist recht lange mit sich beschäftigt viel zugange
und der Daumen wird ganz krumm. Zufrieden lutschend ist er stumm,
solang er nicht schon wieder schreit, so wie immer um die Zeit,
wenn er den leeren Magen fühlt und strampeln in den Fellen wühlt.
Wieder lässt er sich bemuttern; er will erneut die Mahlzeit futtern.
Die Urmenschmutter sammelt Beeren für den Hungerhals den leeren,
der täglich etwas Neues will und nur gesättigt ist er still,
mit dem Daumen fest im Bund. Steckt der Daumen in dem Mund,
dann hat das Kleinkind endlich Ruh und die Mutter noch dazu.
Der Daumenlutscher tut erst zappeln, dann allmählich langsam krabbeln,
um sich zaghaft aufzurichten. Er will nicht darauf verzichten
wie die Großen, so gesehen, aufrecht seinen Gang zu gehen.
Das Daumen lutschen soll nun enden. Den will er nun nicht mehr verwenden
und langsam wird er sich der Lust im sexuellen Trieb bewusst,
damit vielleicht einmal ganz prompt ein frischer Daumenlutscher kommt.
H. Feisel